Wenn ein neues Kind
in unsere Gruppe kommt, beginnt nicht nur bei den Eltern und dem Kleinen eine
aufregende Zeit! Auch wir Erzieher im Nest machen uns viele Gedanken.
Wie alt ist das Kind, kann es schon laufen, alleine essen
und trinken? In welchem Bettchen wird der Neuankömmling am besten Ruhe finden,
welcher Platz ist in der Garderobe und der Wickelkommode günstig? Müssen wir
eine morgendliche Schlafzeit einplanen? Und vor allem: wie wird der Knirps den
Abschied von seinen Eltern verkraften?
Die meisten Fragen klären sich erst, wenn das Kind in der
Kita ist- zur „Eingewöhnung“. Die organisatorischen Dinge sind dann alle
geregelt. Und ich kann mich ganz auf das Kind und die begleitenden Eltern
konzentrieren.
In der Regel planen wir für die Eingewöhnung 14 Tage ein.
Während dieser Zeit ziehen sich die Eltern Schritt für Schritt zurück und wir
übernehmen diesen Platz. Eine große und vertrauensvolle Aufgabe. Deshalb ist die
Eingewöhnungszeit auch dafür gut, dass die Eltern sich ein Bild von unserer
Arbeit machen können und wir uns gegenseitig kennenlernen. Gleich in der ersten
Woche findet idealer Weise das erste Elterngespräch statt. Es werden Bögen
ausgefüllt und Unterschriften eingeholt. Und vor allem erzählen die Eltern von
ihrem Kind. Was sind seine Vorlieben und Bedürfnisse? Welche Rituale gibt es
beim Schlafen? Was kann das Kind schon, wo ist es auf Hilfe oder Unterstützung
angewiesen. Was muss ich tun, damit das Kind in unserem Kita-Rhythmus zu Recht
kommt oder wie muss ich unseren Rhythmus anpassen? Bei diesem Gespräch werden
viele Informationen ausgetauscht und die Gesprächspartner – Eltern wie
Erzieher- gehen mit einem vollen Kopf auseinander.
Durch lange Erfahrung weiß ich, dass sich jedes Kind an die
neue Umgebung und die Trennung von Mama und Papa gewöhnt. Aber Eltern, die
womöglich ihr erstes Kind „abgeben“, fällt dieser Gedanke natürlich sehr
schwer. Deshalb ist die „Eingewöhnung“ auch eine „Lernzeit“ für die Eltern.
Behutsam lösen wir das enge Band zwischen Eltern und Kind
für eine bestimmte Zeit. Wir beginnen damit, dass Elternteil und Kind für eine
halbe Stunde gemeinsam zum Spielen kommen. Dabei beobachten wir das Kind: hängt
es eng an Mutter/Vater oder ist es neugierig auf das Neue? Ist es sehr
ängstlich, wird Mutter/Vater gemeinsam mit ihm den Gruppenraum erkunden. Ganz
nebenbei nehme ich dann Kontakt zu ihm auf. Bei Mutter/Vater auf dem Arm kann
man ja schon mal mit einer Fremden sprechen ;) . Ab drittem Tag könnte
Mutter/Vater sich schon einmal in eine Ecke des Raumes oder den Nachbarraum
verkriechen, für einige Minuten. Dabei suche ich besonders interessante
Spieldinge aus, die das Kind von der Veränderung ablenken. Vielleicht schaut es
begeistert zu, wie die Größeren spielen, schaut ein Buch mit mir an, erkundet
die Autokiste … Es gibt so viele neue Dinge zu entdecken. Die Besuchszeit in der Kita verlängert sich immer
ein bisschen und die Begleitung durch Mutter/Vater verkürzt sich entsprechend. Zum Ende der ersten Woche wäre der erste
Vormittag ohne Mutter/Vater und ein
gemeinsames Mittagessen am Kita-Tisch
toll! Die zweite Woche startet so, wie die letzte endete und hat ein
deutliches Ziel: Der kleine Spatz soll alleine einen Tag in der Kita verbringen.
Vormittag mit Mittag, dann mit Mittagsschlaf und am Donnerstag und Freitag
schon so, als wenn die Eltern arbeiten wären. Während dieser Zeit ist es
wichtig, dass die Eltern Telefonbereitschaft halten: Sollte das Kleine sich zu
sehr ängstigen, keine Ablenkung hilft, dann ist es besser, wenn die Eltern ihr
Kind abholen. Schließlich wollen wir niemanden quälen und das Kind soll keine
unnötigen Ängste aufbauen.
Reichen diese 14 Tage für „Eingewöhnung“ nicht aus, wäre es
natürlich toll, wenn die Eltern noch mehr Zeit dafür einplanen könnten. Oft
entsteht in dieser Zeit zwischen Kind und Bezugserzieherin schon eine ganz
liebe Beziehung. Und in Phasen der Müdigkeit und des Abschiedsschmerzes hilft
sie so gut sie kann!
Mein letztes „Eingewöhnungskind“ ist nun schon 2 Monate im
Nestchen. Der kleine Bursche kam mit 1 Jahr zu uns. Er ist ein goldiges
Kerlchen mit einem Hang zur Ungeduld - besonders beim Essen. Im ausgeruhten
Modus erkundet er den Gruppenraum, beobachtet sehr genau, wie die anderen
Kinder spielen und steckt alles in die kleine Schnute. Seine gute Laune
verkündet er mit fröhlichem Lächeln und kleinen Glucksgeräuschen, die an ein
Liedchen erinnern. Sehr gerne hilft er mit, das Geschirr und die Wäsche weg zu
bringen und staunt alle an, die wir unterwegs treffen: fleißige Frauen in der
Küche, beim Saubermachen oder Wäsche waschen oder auch den Hausmeister. Alle
sprechen uns freundlich an und die kleinen Helfer sind stolz! Wenn der kleine
Bursche aber müde ist, dann wird es laut im gemütlichen Gruppenraum. Dann
hilft am besten nur auf meinen Arm und tragen! Dann ist er sehr anhänglich und
kuschelig- er fordert sich meine Rückendeckung nachdrücklich ein. In der Regel
kann ich dem nachgeben. Ich komme runter zu ihm und setz mich auf den Teppich.
So kann er sich anlehnen oder auf meinen Schoß setzen. Manchmal hilft auch,
wenn er sich an einem meiner Finger festhalten kann und wir gemeinsam durch den Raum
spazieren. Aber manchmal fordern genau dann auch andere Kinder meine
Aufmerksamkeit. Eine kleiner Plumps auf
den Po, ein Zusammenstoß beim eiligen Erreichen eines begehrten Spielzeuges,
eine laufende Nase, ein weggeschnapptes Spielzeug, das konsequent von seinem
Besitzer zurück gefordert wird. Dann muss der kleine Kerl auch mal einen Moment
alleine zu recht kommen oder die Hilfe meiner Kollegin annehmen. Beides lehnt
er kategorisch ab! Daran wird mir dann ganz deutlich bewusst, welche wichtige
Rolle ich als Bezugserzieherin bei dem Burschen spiele und welche große
Verantwortung ich trage. Gegen 8.15 Uhr gibt es ein kleines
Vormittagsschläfchen im Nachbarraum. Für ca. 30 min sinkt er in das Land der
Träume und kommt so besser über den Tag. Am besten geht es ihm nach dem
2-stündigen Mittagsschlaf und einer ausgiebigen Vespermahlzeit! Dann ist er
bestens gelaunt unterwegs! Auch draußen auf dem Spielplatz ist es sehr
interessant. Mit einem Buddelspaten in der Hand, den er wie einen Spazierstock
benutzt, erkundet er mutig das ganze Gelände. Letztens ist er sogar auf unseren
Rodelberg gestapft.
Das nächste „Eingewöhnungskind“ erwarten wir bald. Dann wird
meine Kollegin die Bezugserzieherin sein. Wir sind gespannt auf die junge Dame
und ihre Eltern! Eine weitere kleine Persönlichkeit wird unser Nest „bewohnen“.
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