Sonntag, 19. Januar 2014

Die Zeit des Kennenlernes und Eingewöhnens


Wenn ein  neues Kind in unsere Gruppe kommt, beginnt nicht nur bei den Eltern und dem Kleinen eine aufregende Zeit! Auch wir Erzieher im Nest machen uns viele Gedanken.

Wie alt ist das Kind, kann es schon laufen, alleine essen und trinken? In welchem Bettchen wird der Neuankömmling am besten Ruhe finden, welcher Platz ist in der Garderobe und der Wickelkommode günstig? Müssen wir eine morgendliche Schlafzeit einplanen? Und vor allem: wie wird der Knirps den Abschied von seinen Eltern verkraften?

Die meisten Fragen klären sich erst, wenn das Kind in der Kita ist- zur „Eingewöhnung“. Die organisatorischen Dinge sind dann alle geregelt. Und ich kann mich ganz auf das Kind und die begleitenden Eltern konzentrieren.

In der Regel planen wir für die Eingewöhnung 14 Tage ein. Während dieser Zeit ziehen sich die Eltern Schritt für Schritt zurück und wir übernehmen diesen Platz. Eine große und vertrauensvolle Aufgabe. Deshalb ist die Eingewöhnungszeit auch dafür gut, dass die Eltern sich ein Bild von unserer Arbeit machen können und wir uns gegenseitig kennenlernen. Gleich in der ersten Woche findet idealer Weise das erste Elterngespräch statt. Es werden Bögen ausgefüllt und Unterschriften eingeholt. Und vor allem erzählen die Eltern von ihrem Kind. Was sind seine Vorlieben und Bedürfnisse? Welche Rituale gibt es beim Schlafen? Was kann das Kind schon, wo ist es auf Hilfe oder Unterstützung angewiesen. Was muss ich tun, damit das Kind in unserem Kita-Rhythmus zu Recht kommt oder wie muss ich unseren Rhythmus anpassen? Bei diesem Gespräch werden viele Informationen ausgetauscht und die Gesprächspartner – Eltern wie Erzieher- gehen mit einem vollen Kopf auseinander.

Durch lange Erfahrung weiß ich, dass sich jedes Kind an die neue Umgebung und die Trennung von Mama und Papa gewöhnt. Aber Eltern, die womöglich ihr erstes Kind „abgeben“, fällt dieser Gedanke natürlich sehr schwer. Deshalb ist die „Eingewöhnung“ auch eine „Lernzeit“ für die Eltern.

Behutsam lösen wir das enge Band zwischen Eltern und Kind für eine bestimmte Zeit. Wir beginnen damit, dass Elternteil und Kind für eine halbe Stunde gemeinsam zum Spielen kommen. Dabei beobachten wir das Kind: hängt es eng an Mutter/Vater oder ist es neugierig auf das Neue? Ist es sehr ängstlich, wird Mutter/Vater gemeinsam mit ihm den Gruppenraum erkunden. Ganz nebenbei nehme ich dann Kontakt zu ihm auf. Bei Mutter/Vater auf dem Arm kann man ja schon mal mit einer Fremden sprechen ;) . Ab drittem Tag könnte Mutter/Vater sich schon einmal in eine Ecke des Raumes oder den Nachbarraum verkriechen, für einige Minuten. Dabei suche ich besonders interessante Spieldinge aus, die das Kind von der Veränderung ablenken. Vielleicht schaut es begeistert zu, wie die Größeren spielen, schaut ein Buch mit mir an, erkundet die Autokiste … Es gibt so viele neue Dinge zu entdecken. Die  Besuchszeit in der Kita verlängert sich immer ein bisschen und die Begleitung durch Mutter/Vater verkürzt sich entsprechend.  Zum Ende der ersten Woche wäre der erste Vormittag ohne Mutter/Vater  und ein gemeinsames Mittagessen am Kita-Tisch  toll! Die zweite Woche startet so, wie die letzte endete und hat ein deutliches Ziel: Der kleine Spatz soll alleine einen Tag in der Kita verbringen. Vormittag mit Mittag, dann mit Mittagsschlaf und am Donnerstag und Freitag schon so, als wenn die Eltern arbeiten wären. Während dieser Zeit ist es wichtig, dass die Eltern Telefonbereitschaft halten: Sollte das Kleine sich zu sehr ängstigen, keine Ablenkung hilft, dann ist es besser, wenn die Eltern ihr Kind abholen. Schließlich wollen wir niemanden quälen und das Kind soll keine unnötigen Ängste aufbauen.

Reichen diese 14 Tage für „Eingewöhnung“ nicht aus, wäre es natürlich toll, wenn die Eltern noch mehr Zeit dafür einplanen könnten. Oft entsteht in dieser Zeit zwischen Kind und Bezugserzieherin schon eine ganz liebe Beziehung. Und in Phasen der Müdigkeit und des Abschiedsschmerzes hilft sie so gut sie kann!

Mein letztes „Eingewöhnungskind“ ist nun schon 2 Monate im Nestchen. Der kleine Bursche kam mit 1 Jahr zu uns. Er ist ein goldiges Kerlchen mit einem Hang zur Ungeduld - besonders beim Essen. Im ausgeruhten Modus erkundet er den Gruppenraum, beobachtet sehr genau, wie die anderen Kinder spielen und steckt alles in die kleine Schnute. Seine gute Laune verkündet er mit fröhlichem Lächeln und kleinen Glucksgeräuschen, die an ein Liedchen erinnern. Sehr gerne hilft er mit, das Geschirr und die Wäsche weg zu bringen und staunt alle an, die wir unterwegs treffen: fleißige Frauen in der Küche, beim Saubermachen oder Wäsche waschen oder auch den Hausmeister. Alle sprechen uns freundlich an und die kleinen Helfer sind stolz! Wenn der kleine Bursche aber müde ist, dann wird es laut im gemütlichen Gruppenraum. Dann hilft am besten nur auf meinen Arm und tragen! Dann ist er sehr anhänglich und kuschelig- er fordert sich meine Rückendeckung nachdrücklich ein. In der Regel kann ich dem nachgeben. Ich komme runter zu ihm und setz mich auf den Teppich. So kann er sich anlehnen oder auf meinen Schoß setzen. Manchmal hilft auch, wenn er sich an einem meiner Finger festhalten kann und wir gemeinsam durch den Raum spazieren. Aber manchmal fordern genau dann auch andere Kinder meine Aufmerksamkeit. Eine kleiner Plumps  auf den Po, ein Zusammenstoß beim eiligen Erreichen eines begehrten Spielzeuges, eine laufende Nase, ein weggeschnapptes Spielzeug, das konsequent von seinem Besitzer zurück gefordert wird. Dann muss der kleine Kerl auch mal einen Moment alleine zu recht kommen oder die Hilfe meiner Kollegin annehmen. Beides lehnt er kategorisch ab! Daran wird mir dann ganz deutlich bewusst, welche wichtige Rolle ich als Bezugserzieherin bei dem Burschen spiele und welche große Verantwortung ich trage. Gegen 8.15 Uhr gibt es ein kleines Vormittagsschläfchen im Nachbarraum. Für ca. 30 min sinkt er in das Land der Träume und kommt so besser über den Tag. Am besten geht es ihm nach dem 2-stündigen Mittagsschlaf und einer ausgiebigen Vespermahlzeit! Dann ist er bestens gelaunt unterwegs! Auch draußen auf dem Spielplatz ist es sehr interessant. Mit einem Buddelspaten in der Hand, den er wie einen Spazierstock benutzt, erkundet er mutig das ganze Gelände. Letztens ist er sogar auf unseren Rodelberg gestapft.

Das nächste „Eingewöhnungskind“ erwarten wir bald. Dann wird meine Kollegin die Bezugserzieherin sein. Wir sind gespannt auf die junge Dame und ihre Eltern! Eine weitere kleine Persönlichkeit wird unser Nest „bewohnen“.

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